Hametner, K., Rodax, N., & Binder, B. (2024). Resonanz, Reziprozität und Ressentiment: Erlebte Handlungsfähigkeit und ihre Funktion für die Praxis der Bezugnahme auf Andere.
Sozialer Sinn, 25(1), 55-87.

Abstract

Ressentiment, charakterisiert durch eine affektiv aufgeladene, negativ wertende Bezugnahme auf Andere sowie soziale Abgrenzprozesse, wird aktuell –vor allem im Rahmen erstarkender rechtspolitischer Bewegungen – viel diskutiert. Wir fragen vor diesem Hintergrund, welche sozialen (Gruppen-)Dynamiken der Entwicklung ressentimentaler Tendenzen entgegenstehen, bzw. wann eine ressentimentale Bezugnahme nicht auftritt.

Anhand von vier Gruppendiskussionen mit Senior*innengruppen aus unterschiedlichen Interaktionssettings (Senior*innenheim, sozialer Wohnbau, karitatives Engagement und Inter-Generationsprojekt im Arbeitskontext) zeigen wir mittels einer Analyse Dokumentarischer Methode drei Formen der Bezugnahme auf ‚Andere‘ auf: (1) Resonanz, (2) Reziprozität, (3) Ressentiment. Wir diskutieren diese in ihrer Verschränkung mit erlebter Handlungsfähigkeit und schlussfolgern, dass sich ressentimentale Tendenzen vorrangig in jenen Gruppen zeigen, in denen der Handlungsspielraum im sozialen Feld eingeschränkt erlebt wird. Im Umkehrschluss erweist sich der erhöhte Handlungsspielraum im Sozialen als ein protektiver Faktor gegen ressentimentale Tendenzen.